Was sind Wildstauden?

Eine Antwort auf diese Frage ist gar nicht so einfach zu finden. Prinzipiell gehören zu den Wildstauden alle Pflanzen, welche ohne züchterische Veränderungen in der Natur ohne menschliches zutun vorkommen. Allerdings bezieht diese sehr vereinfachte Definition die Herkunft der Pflanzen nicht mitein, was teilweise zu sehr kontroversen und hitzigen Diskussionen führt.

Der Begriff der "Wildstauden" wurde durch die Naturgartenbewegung, welche Ende der 80er Jahre begann, im deutschsprachigen Raum grundsätzlich nur für hier einheimische Pflanzen verwendet. Dieses Vorgehen löst teilweise heftige Diskussionen aus und führt oftmals zu Verwirrungen. In meinem Sortiment habe ausschliesslich die Wildformen, welche aber nicht alle in der Schweiz heimisch sind. Alle nicht-einheimischen Pflanzen kennzeichne ich als Neophythen. 

Vorteile bei der Verwendung von einheimischen Pflanzen


Einheimische Pflanzen sind an die Region und somit an die Witterungsverhältnisse sowie die regionalen Bodenverhältnisse ideal angepasst, weshalb sie im Garten sehr robust gegenüber Krankheiten und Schädlingen sind. Es ist natürlich auch so, dass sie ausserhalb von beheizten Gewächshäusern gezogen werden können. Dadurch wird zum einen eine beträchtliche Menge an Energie gespart, zum anderen erleiden sie beim Auspflanzen in den Garten keinen "Schock" und sie benötigen auch keinerlei chemische Pflanzenschutzmittel in der Anzucht oder späteren Verwendung im Garten. Der Verzicht auf diese Stoffe schont die Umwelt und die Pflanzen können dadurch ohne Bedenken als  Heilkräuter angewendet oder soweit sie essbar sind, problemlos konsumiert und verwendet werden (biologischer Anbau). Der vollbiologischer Anbau hat für mich oberste Priorität und ist eine Selbstverständlichkeit. Auch sind viele der von mir angebotenen Pflanzen Futterpflanzen für Insekten (Bienen, Käfer, Raupen usw.). Durch den Einsatz solcher Mittel würden auch deren  

Populationen nachhaltig geschädigt werden. Man geht in verschiedenen Studien davon aus, dass bei der Verwendung von chemischen Pflanzenschutzmitteln rund 90 % der Nützlinge mit abgetötet werden. Bei der chemischen Behandlung von Blattläusen tötet man u.a. die Marienkäfer und ihre Larven, sowie Florfliegen und Wespen, also die natürlichen Frassfeinde des "Schädlings Blattlaus" mit ab. Somit begibt man sich in einen Kreislauf, der nur sehr schwer durchbrochen werden kann. Ein weiterer Vorteil ist, dass jede einheimische Pflanze gleichzeitig die Biodiversität fördert. Die Pflanzen bieten zum einen Nahrung für Insekten, zum anderen bieten die Samen im Winter gutes Futter für Vögel. Vielen Menschen ist nicht bewusst, dass der Grossteil der Insekten auf bestimmte Pflanzen als Pollenquelle (oligolektische Arten) oder bei Schmetterlingen und Faltern auf bestimmte Raupenfutterpflanzen (oligopharge Arten) angewiesen sind. Fehlen diese Pflanzen, so können sich die Tiere nicht fortpflanzen. Es kommt noch dazu, dass einige Wildbienenarten nur sehr kurze Radien (zum Teil unter 100 m) zwischen Brutplatz und Futterpflanze zurücklegen können. Alle diese Argumente sprechen für die Verwendung einheimischer Pflanzen, wir können dadurch nur gewinnen und das Artensterben ausbremsen. Markus Gastl (Gründer des Hortus-Netzwerkes) erklärt unser Oekosystem anhand eines einfachen Besispiels: Man stelle sich unsere Natur als Traumfänger vor, in der jede Pflanze und jedes Lebewesen einen Knoten darstellt. Verschwinden nun Arten der Flora und Fauna, so verschwindet auch der Knoten in unserem Traumfänger. Umso mehr Arten wir verlieren, umso löchriger und instabiler wird unser Traumfänger bzw. unsere Natur. Innerhalb unserer Gärten können wir zumindestens einen Teil dieser Arten erhalten und schützen.

Das Thema Neophythen

Als Neophyth werden alle Pflanzen bezeichnet, welche nach der Entdeckung Amerikas durch Christoph Kolumbus im Jahr 1492 absichtlich oder versehentlich in die Schweiz eingeführt wurden. Man geht davon aus, dass sich innerhalb der Schweiz bis heute rund 550 gebietsfremde Arten angesiedelt haben. Die Tendenz ist mit wachsender Globalisierung und durch die Unachtsamkeit der Menschen steigend. Ein geringer Teil dieser angesiedelten Pflanzen verhält sich in unserem Oekosystem invasiv. 

Wie oben schon beschrieben bieten Neophythen oder

Sorten wenig bis keine Nahrung für unsere einheimische Tierwelt. Einer der wenigen Profiteure ist die Honigbiene. Als Hobby-Imker freut es mich natürlich, wenn meine Honigbienen ausreichend Nahrung und Pollen finden, allerdings hat die Förderung der Honigbienen nichts mit Artenschutz zu tun. Im Gegenteil. Auch die Honigbienen brauchen keine Neophythen um zu überleben. Sie haben sich seit Generationen an unser Oekosystem angebpasst und werden bei Bedarf in trachtfreien Zeiten oder im Herbst vom Imker ausreichend gefüttert. Auch das Argument mit den sehr spät blühenden Neophythen zur Verlängerung der Blütenzeiträume ist fachlich nicht haltbar. Die Anzahl der auf Futter angewiesenen Insekten reduziert sich ab der Sommersonnenwende merklich und geht bis zum Herbst ganz zurück. Die Verlängerung der Blütenzeiten in unseren Gärten ist rein für unser menschliches Auge, welches "die Farben des Sommers" im Herbst nicht loslassen will. 

Achtung: Invasiver Neophyth!

Ein (wenn auch nur geringer) Teil der in unseren Gärten verwendeter Neophythen gilt als invasiv. Das bedeuted, dass diese Pflanzen durch eigene Aussaat oder falsche Entsorgung den Sprung über den Gartenzaun geschafft haben und sich in unserem Oekosystem ausgebreitet haben. Diese Pflanzen sind in der Lage grosse Flächen zu überwuchern, sie können Bachufer destabilisieren oder an Bauwerken (Strassen, Brücken usw.) grosse Schäden anrichten. Ein gutes Beispiel ist das Drüsige Springkraut (Impatiens glandulifera), welches sich gerne in feuchteren Wäldern oder an Bachufern ansiedelt. Diese Pflanze ist in 

der Lage mit ihren sehr weit springenden Samen, sehr schnell sehr grosse Bestände zu bilden. Dabei verdrängt es auf diesen Flächen einheimische Pflanzen, welche dringend von unseren Insekten benötigt werden und nur an solchen Standorten überlebensfähig sind. Das drüsige Springkraut macht nur sehr kleine und sehr flache Wurzeln, weswegen Bach- und Flussufer ihre Stabilität verlieren und abgeschwämmt werden können. Das kann gerade in dieser Zeit, in der sich die Starkregen immer mehr häufen, fatale Folgen haben. Die Bekämpfung bzw. Eindämmung dieser Pflanze zieht immense Kostenaufwände nach sich und ist nahezu ein Ding der Unmöglichkeit geworden. In der Schweiz ist die Ausbringung dieser Pflanze gemäss Freisetzungsverordnung verboten. 

Ein weiteres Beispiel ist der von vielen Menschen sehr geschätze und viel verkaufte Sommerflieder (Buddleja davidii). Mit seinen vielen auffälligen lilafarbenen Rispen, welche Nektar bilden, zieht er viele Schmetterlinge und Bienen an. Es laben sich aber überwiegend Allerweltsarten an ihm. Er bildet bevorzugt auf Schuttflächen oder eher sandigen Flussufern durch Wildaussaat grosse Bestände. Man geht davon aus, dass pro ausgewachsenen Strauch bis zu 3 Millionen Samen gebildet werden können. Durch diese dichten Bestände nimmt er sehr vielen essentiellen Raupenfutter-Pflanzen, welche allein an diesen Standorten vorkommen, dass Licht. Die Schmetterlinge verschwinden mit den Pflanzen immer mehr. So wirkt sich der Sommerflieder näher betrachtet negativ auf unser Oekosystem aus und seine angepriesene "Schmetterlingsfreundlichkeit" ist ein Druckschluss.  Laut Freisetzungsverordnung müssen alle Blütenstände restlos vor dem Aussamen im Kehrricht entsorgt werden. Diese Kosten oder Mühen werden oftmals gescheut, weswegen er zum Teil immer noch im Grünschnitt landet oder verbotenerweise direkt im Wald entsorgt wird. Mit dem immergünen und immer häufiger verwendeten Kirschlorbeer (Prunus laurocerasus) verhält es sich ähnlich. Seine Kirschen werden bevorzugt von Amseln verspeist, welche den Samen durch ihre Ausscheidungen immer mehr und auch über weite Strecken aussäen. In unseren Wäldern und Hecken keimen immer mehr dieser invasiven Sträucher und lassen sich nur schwerlich bekämpfen. Oftmals ist es schwierig, die noch sehr jungen Keimlinge zu entdecken, welche sich im Gegensatz zu den älteren Exemplaren noch einfach entfernen lassen würden. Die schon älteren Exemplare haben meistens ein schon sehr starkes Wurzelwerk, welches nur schwerlich oder nur mit schwerem Gerät restlos entfernt werden kann. Der Kirschlorbeer neigt dazu, auch noch nach mehreren Jahren aus noch so kleinen Wurzelstücken auszutreiben. Ein weiteres Problem, welches auch hier zur starken Ausbreitung beiträgt, ist die verbotene Wildentsorgung im Wald. Auch hier ist es oftmals die Bequemlichkeit oder der Entsorgungspreis welcher zu solchen Taten verlockt. Gerade bei diesem immergrünen Strauch ist die Problematik, dass er dem Waldboden ganzjährig das Licht entzieht und somit den natürlichen Bodenwuchs vollständig unterdrückt.

Es gibt noch eine lange Liste weiterer invasiver Neophythen. Informative Links hierzu befinden sich in der Linksammlung.